Junge Singvögel: Bitte nicht (falsch) füttern!

junger SpatzVon Frühling bis Sommer werden immer wieder junge Singvögel in Gärten, auf Feldern, Wiesen und an Waldrändern gefunden. Meist werden diese Jungvögel mitgenommen, weil sie hilflos, verwaist, verletzt oder krank sind – oder nur den Anschein erwecken.

Wir erleben es immer wieder, dass die Finder bestrebt sind, dem Findling unter allen Umständen etwas zu füttern oder einzuflößen. Doch dabei kann mehr verkehrt gemacht werden, als auf den ersten Blick erscheint.

Und leider halten sich immer noch hartnäckig so haarsträubend falsche Futterempfehlungen, wie z. B. Katzenfutter, Quark oder Haferflocken. Die meisten Jungvögel werden jedoch so gut wie ausschließlich mit Insekten groß gezogen. (Die Ausnahme bilden z. B. Grünfinken, Stieglitze, Girlitze und Hänflinge, die vegetarisch aufgezogen werden.)

Bei manchen Arten ist, je nach Alter, zusätzlich ein gewisser Anteil an Grün, Obst/Beeren oder Sämereien enthalten. Da aber allein schon die Bestimmung von Jungvogelarten oft nicht ganz so einfach ist, raten wir dazu, wenn denn schon gefüttert werden muss, ausschließlich Insekten (Liste siehe unten) zu verfüttern, die entweder selbst gefangen oder in speziellen Futterfachmärkten gekauft werden können. Damit macht man am wenigsten verkehrt bis eine geeignete Auffang-Station gefunden ist, die den jungen Singvogel übernehmen kann.

Gefüttert werden können z. B.:

  • frisch gefangene Fliegen (nicht vom Fliegenfänger absammeln!)
  • Heimchen ohne Hinterbeine (Tiere vorher töten)
  • Frischgehäutete Mehlwürmer (zu erkennen an der hellen Farbe)
  • „Wiesenplankton“ (alles was sich im Kescher sammelt, den man über eine hohe Wiese zieht)
  • frischtote Buffaloes, Pinkies, klein geschnittene Wachsmotten (in speziellen Futterfachmärkten)

Auf keinen Fall gefüttert werden dürfen:

  • Katzenfutter
  • Tatar oder Hackfleisch
  • Haferflocken
  • Ei, Quark oder Ei-Quark-Gemisch (weder roh, noch gestockt oder gekocht)
  • Regenwürmer, Schnecken, Käfer, Kellerasseln, Ameisen
  • Menschliche Speisen, wie Nudeln, Reis, Kartoffeln, Fleisch
  • Früchte, Gemüse
  • Eifutter oder Aufzuchtfutter für Heimvögel
  • Fertigmischungen für Jungvögel, mit getrockneten Insekten, Bäckereinebenerzeugnissen und Getreide, auch wenn „zur Aufzucht“ draufsteht und dieses vom NABU empfohlen wird.
Diese Art der Fütterung lieber den Fachleuten überlassen.
Diese Art der Fütterung lieber den Fachleuten überlassen.

Die Folgen falscher Fütterung …

Auch wenn man es „früher immer so“ gemacht hat oder sogar einige Tierarztpraxen diese veralteten Tipps zum Füttern geben, das falsche Futter führt in den meisten Fällen zu späteren Gefiederschäden, von denen der Finder dann oft nichts mehr mitbekommt, sowie schwerwiegenden Verdauungsstörungen, welche sogar nach einigen Tagen mit Tod des Jungvogels enden können.

Nicht selten erhalten die Vogelstationen Jungvögel, die über einige Tage falsch ernährt wurden. Die Tiere werden abgegeben, wenn sie anfangen „nicht mehr ganz fit“ zu sein. Der Schaden, der dann aber schon angerichtet wurde, lässt sich nur schwer mehr ausgleichen. Jungvögel, die eigentlich gute Chancen bei der Aufzucht gehabt hätten, werden zu „Intensivpfleglingen“ und in schweren Fällen überleben diese die Fehlfütterung auch nicht.

Wann Füttern grundsätzlich falsch ist

Abgesehen davon erlaubt der Zustand eines Findlings nicht immer eine Versorgung mit Futter. Erste Hilfe bedeutet nicht „unbedingt als erstes Futter und Wasser geben“.

Stark ausgekühlte, sehr kranke oder schwer verletzte Vögel sollten NIE direkt gefüttert oder getränkt werden. Erstere gehören unbedingt vorher aufgewärmt. Unterkühlte Vögel sind nicht in der Lage, Nahrung oder Wasser richtig abzuschlucken. Es droht ein Verschlucken, was im schlimmsten Fall den Tod des Findlings durch Ersticken zur Folge hat. Im zweiten und dritten Fall ist schnellstmöglich ein vogelkundiger Tierarzt aufzusuchen! Hier bleibt keine Zeit zum Abwarten.

Daher den Vogel bitte nicht füttern, wenn:

  • er sich kalt anfühlt und kaum Bewegung zeigt (langsam aufwärmen!)
  • er nicht sperrt (selbst dann nicht, wenn man mit einem Futtertier vorsichtig am Schnabel entlangfährt)
  • er den Kopf stark dreht oder neurologisch auffällig ist (z. B. durch ein Trauma)
  • er schwer atmet, den Kopf ins Gefieder steckt, nur schläft, beim Stehen kippelt

Flüssigkeit

Diese Grundsätze gelten auch und vor allem für Wasser. Flüssigkeiten sollte zudem auch nie einem sperrenden Vogel direkt in den Schnabel gegeben werden. Lassen Sie lieber einen Tropfen Wasser von Ihrem Finger oder einer Spritze an der Schnabelspitze entlang zu den Schnabelwinkeln laufen. Bitte achten Sie unbedingt darauf, dass nichts in die Nasenlöcher gerät!

Im Zweifel gilt den Vogel lieber für 1-2 Stunden nicht füttern, bis man ihn in eine Auffangstation bringen kann.

Auch nachts benötigt der Vogel keine Nahrung, Vogeleltern füttern „nur“ von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang.

Für weitere Informationen und Fragen

Weitere Informationen und Hilfe zu aufgefundenen Vögeln sowie entsprechend fachkundige Auffangstationen oder „Päppelstellen“ finden Sie auf Facebook in der Gruppe „Wildvogelhilfe Notfälle“.

Bitte berücksichtigen Sie, dass Auffangstationen, „Päppelstellen“ und auch das Tierheim keinen Abholservice bieten können. Für Sie ist es EINE einzige Fahrt, die dem Vogel seine Chance auf ein weiteres Leben ermöglicht. Für die Stationen und uns wären es in der „Hochsaison“ 10 Fahrten und mehr, deren Zeit auf Kosten der Versorgung der Pfleglinge gehen würde.

Bitte lesen Sie hierzu auch „Bitte lass mich sitzen“.

 
[ssba]